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Meine 15 Lieblingsalben (2/3 – 1978-1982)

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Fortsetzung des Beitrags „Meine 15 Lieblingsalben (1/3 – 1973-1977)“:

1978 Funkadelic, One Nation Under a Groove (Video)

Funkadelic: One Nation Under a Groove

Funkadelic: One Nation Under a Groove

Für Funk-Fans ist das ein Standardwerk, das war sofort klar. Ein Pluspunkt waren für mich auch die bunt-filigranen Filzstiftzeichnungen der späteren Funkadelic-Alben, die von Pedro Bell aus Chicago stammten. Wenn ein neues kam, verbrachte ich die erste Anhör-Session hauptsächlich damit, die Mini-Cartoons von Pedro zu studieren. George Clinton meinte dazu, dass er oft erst anhand der gezeichneten Interpretationen von ’Dro merkte, was er mit seinen Texten wirklich gemeint habe.

1981 Bobby Bare, Drunk & Crazy

Bobby Bare: Drunk & Crazy

Bobby Bare: Drunk & Crazy

Mir fallen viele Country-Alben ein, die musikhistorisch wichtiger sind als „Drunk & Crazy“. Aber Bobby Bare schloss ich sofort in mein Herz. Die Musik war eingängig, aber nicht weichgespült, sein Gesang lakonisch, und die witzigen Texte stammten von Shel Silverstein. Bei dem traf das zu, was u. a. gute Country- und Soul-Songs vereint: Ihre Titel funktionieren wie eine gute Zeitungsschlagzeile. Man kann sich sofort die komplette Geschichte vorstellen. Bei Songs wie „Drinkin‘ and Druggin‘ and Watchin’ TV“, “Your Credit Card Won’t Get You Into Heaven” und “I’ve Never Gone to Bed with an Ugly Woman” (“but I sure woke up with a few”) war auch ohne vorheriges Anhören klar, dass sie halten würden, was die Titel versprachen.

Bobby Bare schien sein “Drunk & Crazy”-Image zu leben. Ich sah ihn später mal in New York in einem Country-Club live. Als er auf die Bühne stolperte, waren seine ersten gelallten Worte: „I hope everybody’s drunk.’Cuz life is much better when you’re drunk!“.

1981 The Neville Brothers, Fiyo on the Bayou (Video)

The Neville Brothers: Fiyo on the Bayou

The Neville Brothers: Fiyo on the Bayou

Neben New York war New Orleans meine amerikanische Lieblingsstadt; wegen der ganz speziellen Musik, wegen des ebenso magischen Essens, und wegen der entspannten Atmosphäre. Über ein Großteil der 80er Jahre hinweg war ich jedes Jahr beim New Orleans Jazz & Heritage Festival, bei dem zwei Wochenenden lang auf ca. zehn Bühnen eine breit gefächerte Auswahl von Musikern auftritt – vom lokalen 50er-Jahre-One-Hit-Wonder bis zu Weltstars.

Das Schlusskonzert gaben immer die Neville Brothers, die wahrscheinlich die Musikszene der Stadt wie keine andere Band personifizieren. „Fiyo on the Bayou“ ist ein zeitlosen Klassiker. Wer den nicht mag, der kann sich auch den Rest der R&B-Koryphäen aus New Orleans sparen.

1982 George Clinton, Computer Games (Video)

George Clinton: Computer Games

George Clinton: Computer Games

Eine der besten P-Funk-Platten aller Zeiten (und eine der wenigen, auf denen es keine mediokren Füller gibt). George Clinton feierte damit ein großartiges Comeback. Sein Imperium war u. a. wegen finanziellen Chaos’ zerfallen, und wenn er sich nicht gerade mit Plattenfirmen und Musikern vor Gericht stritt, ballerte er sich die Birne beim Freebasen weg. In seinen klaren Momenten realisierte er aber, was von diesem Projekt abhing – und er nutzte die Chance. Unter dem einzigen Namen, um den es damals keinen Rechtsstreit gab: seinem eigenen. Obwohl man sich gerade noch vor Gericht beharkt hatte, waren aber wieder alle wichtigen Musiker aus dem P.Funk-Mob mit dabei.

Die erste Single „Atomic Dog“ knüpfte an den New Yorker Electro-Funk an, fügte ihm aber die spezielle verspielt-verschrobene P-Funk-Dimension hinzu. Clinton sagte mir dazu später, ihm sei seine Vergangenheit als Friseur im New Jersey der 50er Jahre hilfreich gewesen: „Als Friseur musste man neue Haarstile immer sofort erkennen und aufgreifen. So habe ich das später auch in der Musik gehalten: Wenn ein neuer Stil kam, habe ich ihn so schnell übernommen, dass die Leute dachten, er sei mit auf meinem Mist gewachsen!“

Und er erzählt folgende Anekdote zu „Atomic Dog“: Der Instrumentalteil entstand nicht unter Clintons Regie, sondern ging aufs Konto von Produzent Ted Currier. Am Abend der ersten Vokalsession war Detroit zugeschneit, und Clinton – der sich bis dahin die Zeit wieder an der Freebase-Pfeife vertrieben hatte – latschte mangels Taxi zu Fuß ins Studio. Er nutzte die Nachwirkungen des Base-Highs aus und improvisierte ein paar wilde Vokalfetzen, um sich dann nach durchgerauchten Nächten und Tagen endlich auf der Studiocouch schlafen zu legen. Sein Kreativkomplize Garry Shider (trägt bei P.Funk-Konzerten seit Jahrzehnten nichts als eine Windel) brachte Clintons Fragmente in Form.

Als Clinton am nächsten Tag an die Arbeit des Vortags ansetzen wollte, fand er seinen eigenen Groove nicht mehr und verpasste ständig den Einsatz. „Where’s the ‚one’?“, fragte er Garry. Der antwortete: „Same place where it was last night!“ Der Rest ist Geschichte.

Für die Promotion von “Computer Games” kam Clinton auch für Interviews in meinen damaligen Wohnort Köln, und aus diesem Anlass traf ich ihn zum ersten Mal. Erster Eindruck: Für Rundfunk-Interviews sind Gesprächspartner wie Clinton perfekt, weil er seine Songwriter-Fähigkeiten auch im Gespräch nutzt und ohne Unterlass mal lustige, mal schlaue Soundbites liefert. In späteren Jahren besuchte ich nach einer ersten Home Story für den Musik-Express häufiger mal auf seiner anderthalb Stunden von Detroit gelegenen Funky Farm.

1982 Grandmaster Flash & the Furious Five, The Message (Video)

Grandmaster Flash & the Furious Five: The Message

Grandmaster Flash & the Furious Five: The Message

Rap sei nichts als eine Modewelle, die genauso schnell wieder verschwinden werde, wie sie durch den Erfolg von “Rapper’s Delight” plötzlich auch nach Deutschland schwappte. So unkten damals die Freunde dessen, was sie selbst für Qualitätsmusik hielten.

Für mich war und ist „The Message“ ein großartiges Funk-Album, das den Vergleich mit traditionelleren Vertretern der Richtung nicht zu scheuen braucht. Was leicht in Vergessenheit gerät: Grandmaster Flash baute wie viele andere Acts des Sugar-Hill-Labels nicht auf Samples, sondern auf die fetten Grooves der „Haus-Band“, die wahrscheinlich eine der besten Rhythm-Sections aller Zeiten ist: der weiße Schlagzeuger Keith LeBlanc, Bassist Doug Wimbish und Gitarrist Skip McDonald; sozusagen die Meters der Rap-Szene. Dazu die funky Bläsersätze der CHOPS Horn Section.

Weiterer Pluspunkt von „The Message“: die charismatisch-kraftvolle Stimme von Grandmaster Melle Mel, für mich immer noch einer der stärksten Rapper aller Zeiten.

Mit Platten wie „The Message“ verbinde ich Erinnerungen an lange Nächte im Roxy, einer ehemaligen Rollschuhdisco, in der man an einem Samstagabend hintereinander Flash mit seinen drei Plattenspielern & den Furious Five, Afrika Bambaataa, Run D.M.C. und die Rock Steady Crew sehen konnte.

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