Manfred Krug: Misanthrop, Pingelkopp und Sensibelchen

Manfred Krug (Foto: Bundesarchiv, Bild 183-K0622-0001-001 / Katscherowski (verehel. Stark), / CC-BY-SA 3.0)
Irgendwie hatte das verdammte Virus auf mich den Effekt, dass es bei mir auch ohne eigene Infektion den Schreibdruck hemmte. Aber langsam wird es Zeit, dieses Blog mal wieder zu reaktivieren – bevor es sich endgültig in die Menge der Internet-Leichen einreiht.
Auslöser ist ein tolles Hörbuch, das ich kürzlich auf Facebook empfahl: Manfred Krugs „Ich sammle mein Leben zusammen: Tagebücher 1996 – 1997“, auf das ich durch Olli Schulz und den durch ihn im „Fest & Flauschig“-Podcast angefixten Jan Böhmermann aufmerksam wurde. Beide (und dann auch ich) beömmelten sich darüber, wie Krug mit ein paar knappen, brillant formulierten Sätzen frühere Kolleg/-innen und die Menschheit als solche verbal vernichtete.
Der Misanthrop kann aber auch zärtlich-liebevoll; vor allem, wenn er von seiner damals gerade auf die Welt gekommenen Tochter Marlene schwärmt (Resultat einer Zweitbeziehung, von der seine langjährige Ehefrau im ersten Kapitel unsanft erfährt).
Nachwortautorin Krista Maria Schädlich brachte es so auf den Punkt:
Wer kommt dem Leser in diesen Tagebüchern entgegen? Der Privatmann. Der erfolgreiche Schauspieler und Publikumsliebling. Der Großspurige, um keine Antwort Verlegene. Der Kritiker und Pingelkopp bei der Durchsicht der „Tatort“-Drehbücher. Der am Boden Zerstörte, der den Tod seines geliebten Freundes Jurek Becker betrauern musste. Der Erstaunte nach der öffentlichen Resonanz von „Abgehauen“. Der Zweifelnde, was seine literarische Gestaltungskraft anging. Der Sammler, Flohmärkte zogen ihn magisch an.
Nach sechs Stunden 30 Minuten fehlt mir der alte Grantler, obwohl er das Hörbuch nicht mal selbst liest, sondern sein Sohn Daniel. Dennoch hatte ich die ganze Zeit die Stimme des Vaters im Hinterkopf.
Jetzt genieße ich seine Musik. Dass er in der DDR auch ein gefeierter Sänger war, wusste ich. Aber erst durchs Buch wurde ich darauf aufmerksam, dass seine erste Westplatte vom kongenialen Peter Herbolzheimer arrangiert und durch Gäste wie Jean Toots Thielemanns, Caterina Valente und André Heller bereichert wurde. Im verlinkten Song zeigt Krug zusammen mit Joy Fleming, dass er auch scatten kann.
Sehr spannend, diese Seite von Franz Meersdonk („Auf Achse“), Robert Liebling („Liebling Kreuzberg“) und Paul Stoever („Tatort“) noch näher kennen zu lernen.
Schön auch:
Als nächstes lese oder höre ich „Abgehauen“, Manfred Krugs Bestseller aus dem Jahr 1997. Nach den „dahingeworfenen“ Tagebüchern sind meine Erwartungen hoch.
Liest sich ja vielversprechend, mal schauen, ob ich mich doch mal dranwage.
Schön, dass das so kurze Häppchen sind.
btw: irgendwie geht das login über wordpress nicht.
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werner
17. Mai 2022 at 11:43
Welches Log-in funktioniert nicht?
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Peter Jebsen
17. Mai 2022 at 22:31