„Spur des Blutes“ (WDR): Ein „Tatort“ zum Fremdschämen

Frank Baumgartner (Josef Hader), Freddy Schenk (Dietmar Bär) und Max Ballauf (Klaus J. Behrendt), Foto: WDR/Bavaria Fiction GmbH/Martin Valentin Menke
Die jüngste Episode „Spur des Blutes“ bestätigte mich darin, bei allen „Tatorten“ außer Wien (Bibi Fellner rules!) zur Vermeidung von Zeitverschwendung negative Vorabkritiken wirklich ernst zu nehmen. Gestern Abend: A) papierne Dialoge, die vor allem in meiner früheren Wahlheimat Köln *niemand* so aufsagen würde; B) abstrus-unglaubwürdige Handlungsdetails, die immer wieder für unfreiwillige Heiterkeit sorgten; und C) unfassbar plumpes Knallchargentum, das durch A) neue Tiefpunkte in der „Tatort“-Geschichte schuf (Leo Mornar als Theresa Krohn: „Meine Tochter war eine billige Straßennutte.“). C) verblüffte mich umso mehr, als es bei der Besetzung auch einen überraschenden Glücksgriff gab: in Person des wunderbaren Josef Hader.
ZEIT ONLINE meint:
Bei den Dialogen hätte man dem Jubiläumsfall aus Köln gern etwas von dem übermütigen, wenn auch leerlaufenden Text von letzter Woche beigemengt. Denn die Biederkeit, mit der sich die Figuren in Spur des Blutes ausdrücken, soll nicht das limitierte Sprechen von Leuten abbilden, die Formulare ausfüllen müssen und Paragrafen kennen, sondern sie kann nicht anders. Bestes Beispiel: Laras Freundin und Kollegin (Greta Bohaceck) macht ein Foto vom Nummernschild eines Autos, in das Lara kurz vor ihrem Tod einsteigt. So wird die Zuschauerin über diese Sicherheitsmaßnahme informiert. Wenn Laras Freundin und Kollegin später von Ballauf danach gefragt wird, erklärt der Kommissar das sicherheitshalber der Lara-Freundin-und-Kollegin noch einmal auf den Kopf zu: „Also, soweit ich weiß, sichern sich ja so die meisten Frauen, die hier arbeiten, auf diese Art und Weise ab.“
„Auf diese Art und Weise“ erfreut sich in Köln einiger Beliebtheit – alles ist so überschaubar und deutlich, dass es schon eine Leistung ist, einmal nicht zu verstehen, was der Tatort vortragen will. Man kann höchstens rätseln, ob das Spiel so übertrieben ist, weil die Dialoge so trostlos sind, oder ob die Texte so dürr sein müssen, weil alles andere nicht darstellbar wäre. Josef Hader als kultivierter Wohnmobilbesitzer ist in Spur des Blutes jedenfalls der Einzige, der seiner Figur etwas Komplexität verleiht (…).
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