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Sarah Wiener in Asien (2014): Fremdschämen für eine österreichische Gastrotouristin

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Screenshot "Die kulinarischen Abenteuer der Sarah Wiener in Asien" (© zero one film, ARTE G.E.I.E., ORF)

Screenshot „Die kulinarischen Abenteuer der Sarah Wiener in Asien“ (© zero one film, ARTE G.E.I.E., ORF)

Mir begegnete gerade durch eine Netflix-Empfehlung die Serie „Die kulinarischen Abenteuer der Sarah Wiener in Asien“ (DVDs), die erstmals im September 2014 auf arte ausgestrahlt wurde. Die erste Folge („Indien und Chili“) war ärgerlich: Ich habe selten eine solch oberflächliche und teilweise ignorante Reise- und Food-Reportage gesehen. Vor allem nicht von einer Fachfrau.

Während zum Beispiel Anthony Bourdain tief in die Kulturen der von ihm besuchten Länder eintauchte und kundig oder zumindest gut vorbereitet die lokalen Spezialitäten vorstellte, war Wiener damals in Nordindien als staunende Touristin unterwegs. Sie ließ sich planlos durch Märkte treiben, sprach mit den Indern Deutsch und kam innerhalb von 3 Minuten 41 Sekunden nach einem einzigen Restaurantbesuch (BMB Sweet Shop Restaurant in Jaipur/Rajasthan) zum Schluss: „Ja, in Indien wird scharf gegessen.“ Und das ausgerechnet in Nordindien, wo die meisten Gerichte eher zurückhaltend scharf sind.

Beim Kochen und Essen mit einer indischen Familie wusste die Profiköchin eine Speise nicht besser zu beurteilen als: „Es riecht fremdartig.“ Später in der Folge durfte sie dann dem Maharadschah von Samode beim Kochen helfen. Als sie herumhaderte, ob sie wie daheim nur eine Chilischote oder – ganz keck – doch zwei in den Ziegenfleisch-Eintopf werfen sollte, übernahm glücklicherweise ihr Gastgeber wieder die Regie und fügte eine komplette Hand voll hinzu.

Die beiden China-Folgen („China und Tofu“ sowie „China süß-sauer“) waren etwas erhellender, aber die Prämisse der zweiten wirkte ähnlich absurd wie in der Indien-Episode: Ausgerechnet in Szechuan mit seiner ausgesprochen würzigen Küche dem Geheimnis der Süß-Sauer-Gerichte auf die Spur zu kommen (ein Stil, der vor allem in der verwestlichten Form der chinesischen Küche populär ist), finde ich in etwa so sinnvoll, wie im Spätzleland Schwaben nach dem Ursprung von Matjes-Rezepten forschen zu wollen.

Zumindest ein kleiner Hinweis darauf, dass es die indische und die chinesische Küche ebenso wenig gibt wie die europäische Küche, wäre für Einsteiger vielleicht hilfreich gewesen.

Dass Wiener, die in Asien (gespielt?) naiv durch die Gegend stolperte, als Resultat ihrer Entdeckungsreise auch noch Kochrezepte vermarktet (gibt’s zu den o. g. DVDs dazu), halte ich für grenzwertig. Wie kann man nach ein paar Tagen in Ländern mit ungemein vielschichtigen Esskulturen glaubwürdig Rezepte erarbeiten, wenn man von Zutaten, Schärfegraden etc. vorher offenbar keinerlei Ahnung hatte?

Peter Jebsen

Written by Peter Jebsen

6. Januar 2019 um 16:06

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