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Onkel Brumm: Mümmeln in Mainz

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Treffen von Online-Journalisten in Mainz, um die nächste „Besser Online“-Konferenz vorzubereiten. Tagsüber wird getagt, abends getafelt. Bloß wo?

Eine ausnehmend nette Bekannte hatte mir auf Nachfrage fünf Lokale genannt, in die man gehen könnte. Mainz ist ein katholisches Nest, das merkt man gleich: Einer der Vorschläge heißt „Klingelbeutel“, ein anderer „Beichtstuhl“. Alle liegen in derselben Ecke, der Altstadt.

Kurze Vorbesprechung mit PJebsen, sporadischem Zigarillopaffer und bekennendem Qype-Junkie, der keinen Zigarettenrauch mag. Slow-Food-Mitglied, aber regionale deutsche Küche mag er auch nicht. Kartoffeln und Sauerkraut sind No-no.

Andererseits: Um beim Chinesen oder Bengalen zu landen, die er schon rausgesucht hat, dazu bin ich nicht in Mainz!

Also zu sechst in die Altstadt, zu einem Brauhaus. Alles ist reserviert, aber wir ergattern einen Tisch und lassen uns nieder. Ein Blick in die Karte – schwere Brauhausküche, Fleisch und Stärkebeilagen. Mehrere sagen, sie wollen hier nichts essen – also alle wieder ab, wieder durch die Altstadt.

Der benachbarte Irish Pub wird nur von Johan eines Blickes gewürdigt, dabei habe ich doch Guinness so gern! Aber nach meinem Lob der lokalen Küche würde ich mich lächerlich machen, ihn auch nur zu erwähnen.

Der nächste Laden, schönes altes Haus, sieht gemütlich aus. Aber die Karte! Die normaldeutsche Durchschnittsküche, Schnitzel Wiener Art mit dieser und jener Beilage, Steak mit diverser Soße, und für den, der’s nicht so schwer mag, Maultaschen. Nee.

Um die Ecke mit uns! Durch eine der noch gut belebten Hauptstraßen der Altstadt, Blick in ein Bistro, das brechend leer ist. Michaela meint, das sei ein schlechtes Zeichen. Ein Blick auf die Karte bestätigt das – sie ist von epischer Länge, aber der kundige Blick sieht den Gruß der Mikrowelle.

Ein edler Italiener (davon gibt’s hier viele), mit fünf Sternen beqyped, wie PJebsen schnell heraushat. Seit kurzem hat er das G1, das Googlephone, als Tester und findet schnell Bewertungen über jeden Laden, den wir passieren. Er würde wohl gern hinein, allerdings: Thomas erhebt Einspruch. Auf Nachfrage, warum?, werfe ich ein, „das muss er nicht erklären!“, und weiter geht’s.

Mein Seitenblick auf einen Dönerladen ist scheel, seit ich in Berlin wohne, bin ich da verwöhnt. Und auch die Pizzeria rechts reizt niemanden, den Spaziergang zu unterbrechen. Weiter geht’s.

Da rechts in der Seitenstraße scheinen Weinstuben zu sein, aber Michaela steuert zielgerichtet auf den Thai in der linken Straße zu. Ungünstig. Thai in Mainz? Nönönö, ungern, das muss nicht. Diskussion vor dem Lokal. Einige möchten rein, auch Qype empfiehlt das. Und ja, auch mein Magen zwickt. Die Gruppe ist kurz davor, auseinander zu fallen. Drei wollen hinein – Hunger! -, drei schauen eher betreten, zögernd wortlos zu Boden. Das wird nun Michaela zu viel: Sie kündigt an, ins Hotel zurück zu gehen und auf dem Weg ein Döner zu ziehen – wer mitwolle?

Ein Kompromiss – wir schauen noch mal in die rechte Seitenstraße, und wenn da nichts ist, gehen wir zum Thai. Wilfried meint, er könne ja gleich hier warten, kommt dann aber doch mit.

Weinhaus Bacchus

Weinhaus Bacchus

In der Straße drei Weinstuben, alle wohl gefüllt. Gutes Zeichen! Jetzt muss ein Kompromiss gefunden werden zwischen meiner Liebe zum Lokalen und dem Fremdeln des Slow-Food-Mitglieds. Unsere Blicke prüfen die Speisekarten, handgeschriebene Kreidetafeln, während PJebsen sein G1 konsultiert und nach dem Straßennamen fragt. In Mainz haben, nota bene, alle Straßen, die zum Rhein führen, rote Straßenschilder, aber darüber schweigt das G1. Endlich mal was, was Google nicht weiß!

Weinhaus Bacchus überzeugt, wir also alle hinein. Und es IST der gesuchte Kompromiss, die Weine zahlreich und preiswert, die Küche mehr als gut, aber… französisch. Denn außen heißt der Laden Weinhaus Bacchus, weil das Haus über 250 Jahre alt ist und inklusive der alten Werbung unter Denkmalschutz steht. Innen ist es „Le Lavandrin“, also provenzalisch. Immerhin: Lokale Biere gibt es, und die habe ich alle probiert!

Am Ende waren alle zufrieden (auch Michaela, die sich an diesem Abend kein Döner gezogen hat), wir haben köstlich gespeist, getrunken, uns unterhalten, und PJebsen hat geqyped (und dafür seine Speisen fotografiert). Mithin: Demokratische Meinungsbildung braucht Zeit, lohnt aber. Ich darf nicht vergessen, PJebsen bei Slow Food anzuschwärzen!

Gastautor: Onkel Brumm

Written by Peter Jebsen

30. Januar 2009 um 20:15

6 Antworten

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  1. @Onkel: Ich habe nur ein Problem mit mediokrer regionaler Küche … 😉

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    pjebsen

    30. Januar 2009 at 20:19

  2. Ich freue mich, Sie kennenzuernen ( Ende Februar)
    Bis dann
    Mit freundlichen Grüssen

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    I.M.Cox

    30. Januar 2009 at 20:59

  3. Herr Jebsen hat nicht nur geqyped, nein, er hat auch getwittert. Und eben dort war zu lesen, er hat es nicht so mit dem Magen anderer Lebewesen.
    Es beruhigte mich tatsächlich ein wenig, dachte ich doch immer, dieser Mann isst echt alles. 🙂

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    Nico

    30. Januar 2009 at 21:23

  4. … wo der doch sonst immer beim Chinesen isst, da bekommt er doch *alles* von (hoffentlich) anderen Lebewesen …

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    vilmoskörte

    30. Januar 2009 at 23:36

  5. @Nico: Wenn ich etwas esse wie den per Twitter erwähnten „Schwartemagen“, dann eher nicht in Touristenmassenabfertigungen wie dem Eisgrub-Bräu, sondern in Läden, denen ich vertraue. Das Gericht wird laut Google-Suchergebnissen mehrere Tage in Buchenholzrauch geräuchert und kann bestimmt gut schmecken – wenn es in Läden wie dem Nil, der Uhlenhorster Weinstube oder dem Le Lavandin (in dem es zusätzlich zur provenzalischen Küche auch Mainzer Regionalspeisen gibt) selbst hergestellt oder von vertrauenswürdigen Produzenten eingekauft wird.

    „Beim Chinesen“, also bei Herrn Wong, hatte ich vor ein paar Wochen Schweinebauch, den er selbst mariniert und abgehangen hatte. Auch so etwas würde ich normalerweise nicht bestellten, aber hier mundete es.

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    pjebsen

    30. Januar 2009 at 23:57

  6. […] Mein persönliches Highlight war das “Fest im Freien”. Der anlässlich des abendlichen Hamburger Klimas eigentlich erforderliche Glühwein wurde nicht gereicht, aber dafür gab es hitzige Diskussionen über Gott und die Welt (im wahrsten Sinn des Wortes) mit einigen neuen Bekannten sowie meinem Freund und Kollegen Onkel Brumm, der sich Anfang dieses Jahres in meinem kleinen Blog als Gastautor verewigte: “Mümmeln in Mainz”. […]

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