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Udo Lindenberg: „Stark wie Zwei“

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Udo Lindenberg (Foto: Peter Jebsen - alle Rechte vorbehalten)

Udo Lindenberg (Foto: Peter Jebsen – alle Rechte vorbehalten)

Lieber Udo,

wir kennen uns schon ziemlich lang. Als ich mit 16 bei der Lokalzeitung meiner Heimatstadt schreibend und fotografierend mein Taschengeld aufbesserte, warst du einer der ersten Musiker, die ich interviewte.

Seitdem haben wir uns teilweise im Jahrestakt für weitere Interviews getroffen. Und ich bin dir seitdem in kritischer Sympathie verbunden, auch wenn ich irgendwann mal nicht mehr wie früher jedem deiner neuen Tonträger entgegengefiebert habe. Und auch wenn mich manchmal störte, dass du bei TV-Auftritten und in Interviews quasi per Autopilot als Udo-Lindenberg-Darsteller nur noch die immer gleichen Worthülsen von dir zu geben schienst.

Doch dann gab es immer wieder Momente, in denen klar wurde, dass man weiterhin mit dir rechnen muss. Zum Beispiel im Jahr 2000 bei einem grandiosen Konzert im Hamburger Schauspielhaus, bei dem du zusammen mit dem Panik- und dem Filmorchester Babelsberg Rock’n’Roll-Fetzer und deutsches Liedgut von Bertolt Brecht bis Kurt Tucholsky mischtest.

Du zeigtest, dass du das Zeug zum großen zeitgenössischen deutschen Entertainer hast. Also das, was Harald Juhnke gern gewesen wäre und was der andere Udo (der Jürgens) nie sein wird, da er sich musikalisch nie wesentlich weiterentwickelt hat.

Großartig fand ich auch 2004 das Konzert in der Hamburger AOL-Arena, das unter dem Motto „Aufmarsch der Giganten“ das 30-jährige Bestehen des Panikorchesters feierte. Du warst besser bei Stimme als bei manchen deiner Konzerte vergangener Jahrzehnte; und die Panik-Jubilare zeigten, dass sie immer noch eine der frischsten, vielseitigsten und kompetentesten Live-Bands der deutschen Rockszene sind.

Hannes Bauer, Nathalie Dorra, Udo Lindenberg (Foto: Peter Jebsen - alle Rechte vorbehalten)

Hannes Bauer, Nathalie Dorra, Udo Lindenberg (Foto: Peter Jebsen – alle Rechte vorbehalten)

Zuletzt sahen wir uns im Oktober 2007 in der Axel Springer Passage, anlässlich einer Vernissage mit Lindi-Gemälden, -Zeichnungen, -Likörellen und -Stasi-Akten, inklusive Live-Auftritt mit dem Panikorchester. Dort gab es eine interessante kreative Fortsetzung deines musikalischen Schaffenstums zu sehen (hier sind Fotos vom Konzert und den Akten).

Warum ich so weit aushole? Weil ich am Samstag nach deinem „Wetten dass..?“-Auftritt zum ersten Mal mit großer Freude dein neues, am Freitag (28. März 2008) erschienenes Album „Stark wie zwei“ gehört habe. Und weil ich offenbar nicht der einzige bin, der sich freut: Im Moment ist die CD bei Amazon der meistverkaufte Tonträger, und die Download-Version (die es erfreulicherweise mit PDF-Booklet gibt!) die bei iTunes am häufigsten heruntergeladene.

Und das mit Recht, denn du hast mal wieder ein starkes Stück zustande gebracht. Die Single „Wenn du durchhängst“ ist ein typischer Lindenberg-Balladen-Ohrwurm; „Ganz anders“ ein weiteres Duett mit Jan Delay (der dir in seinem Songtext folgende schöne Zeile in den Mund legt: „Eigentlich bin ich ganz anders, ich komm nur viel zu selten dazu!“); „Nasses Gold“ ein vortrefflicher Beitrag zu einem Thema, das du vorher im Song „Unterm Säufermond“ besonders gut betextet hast; „Der Deal“ eine rockige Kollaboration mit Silbermond.

Mein absoluter Favorit ist jedoch der Gaga-Song „Chubby Checker“, produziert von Helge Schneider, der zudem sämtliche Instrumente spielt. Herrlich! (Helge Schneider ist ja auch ein besserer Udo-Lindenberg-Darsteller, als du es manchmal warst – der Song „Pinguine können nicht fliegen“ vom Album „I Brake Together“, in dem Helge Schneider im Alleingang ein Duett mit „dir“ singt, ist einer der komischsten Schneider-Songs aller Zeiten und für mich auch eine Hommage an dich.)

Fazit: „Stark wie zwei“ ist kein Comeback-Album, weil du ja nie wirklich weg vom Fenster warst. Aber es ist ein so frisches, junges und gleichzeitig weises Werk, wie ich es dir spätestens seit den Aha-Erlebnissen im Schauspielhaus und in der AOL-Arena gewünscht habe.

Du bringst es mit deinen 61 Jahren in einem der neuen Songtitel mit hübscher Selbstironie am besten auf den Punkt: „Der Greis ist heiß!“

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15 CDs With Some Effect on My Life (21. Februar 2009)
Meine 15 Lieblingsalben (1/3 – 1973-1977) (4. Oktober 2009)

Written by Peter Jebsen

29. März 2008 um 23:59

10 Antworten

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  1. Aber das es die neue Platte nicht auf Vinyl gibt
    ist Skandalös, wo es sogar wieder Plattenspieler bei Tchibo zu kaufen gibt.
    Plattenfirma Starwatch anrufen Druck machen!
    089 95078772

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    djdeutschland

    2. April 2008 at 11:45

  2. Ach nee, wer hätte das gedacht. Habe auch schon gehört, dass die Platte ganz ordentlich geworden sein soll. Werde auch mal reinhören … Merci für den Tipp.

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    bosch

    2. April 2008 at 19:24

  3. Vinyl hin oder her, für richtige Fans kommt doch nur Udo live infrage: http://www.abedi.de/angebote/panik-in-koeln-udo-lindenberg-kommt-1468.html

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    Helmfried

    25. Juli 2008 at 9:17

  4. @Helmfried: Mein Ticket für Hamburg habe ich schon seit Monaten. 😉

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    pjebsen

    25. Juli 2008 at 10:48

  5. […] Lindenberg, vom Fernwehsong “Daumen im Wind” (1972) bis zu den Titeln des aktuellen Albums “Stark wie Zwei”. Bei einem von ihnen, “Der Deal”, war die temperamentvolle Ellen ten Damme ein mehr als […]

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  6. […] eben ein Saxofon-Solo, jetzt duettiert er sich mit Lindenberg im besten neuen Song von der CD “Stark wie Zwei“ (“Chubby […]

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  7. […] Bobby Bare (341 gespielte Songs) 2: Udo Lindenberg (265) [Ich habe dazu einen offenen Brief an den Herrn geschrieben.] 3: Johnny “Guitar” Watson (211) 4: Chas ‘n’ Dave […]

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    www.Sozialgeschnatter.de

    2. Januar 2009 at 4:05

  8. […] kaufte. Wie ich zu Lindenberg stehe, habe ich vor einem knappen Jahr sehr ausführlich erzählt (“Udo Lindenberg: ‘Stark wie Zwei’”). Das sollte […]

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  9. […] als Duettpartner im Song “Chubby Checker”, der auf dem Lindenberg-Comeback-Album “Stark wie Zwei” mein absoluter Favorit war. Das offizielle Video wurde bei Udo zu Hause gedreht, also im Hotel […]

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  10. […] (177) 11) Bernie Worrell (165) 12) Status Quo (161) 13) Sister Sledge (153 / Spotify playlist) 14) Udo Lindenberg (152) 15) Chuck Berry (144) 16) Elizabeth Cook (116) 17) Dale Watson (107) 18) Randy Newman (102) […]

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